Psychologen vertraten früher die Ansicht, dass die Persönlichkeit im Alter zunehmend stabiler werde. Neue Studien deuten darauf hin, dass mit dem Überschreiten des 60. Lebensjahres bei vielen Menschen nochmals ein Frühling beginnt. Ihre Persönlichkeit beginnt sich erneut zu verändern.
Anton Ladner
Heute ist bekannt, dass sich die Persönlichkeit eines Menschen als Reaktion auf seine Lebensumstände verändern kann. Das hilft ihm, die Prioritäten zu verschieben, um sich anzupassen. Persönlichkeit ist deshalb kein Stahlträger, sondern eher ein Schilf im Wind. Psychologen haben fünf wichtige Persönlichkeitsmerkmale ermittelt, die messbar sind. Es sind Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit, Extrovertiertheit, Offenheit für Erfahrungen und Emotionskontrolle. Sie verändern sich vor dem 30. Lebensjahr und nochmals nach dem 60. Lebensjahr. In dieser Phase des späteren Erwachsenenalters scheinen Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit und eine nach aussen gerichtete Haltung abzunehmen. Diese Qualitäten sind am Ende des Berufslebens nicht mehr so entscheidend. Die Emotionskontrolle nimmt derweil zu, vor allem gegen Ende des Lebens. Denn es gilt, sich mit vielem abzufinden. Die Pensionierung, der Tod von Freunden, der Verlust der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners und Krankheiten können sich tiefgreifend auswirken. Positiv oder negativ. Das neue Leben mit Einschränkungen führt aber auch zu Vertiefungen, weil zum Beispiel Sport oder Reisen nicht mehr möglich sind, dafür umso mehr eine Lektüre. Ende 2022 lebten in der Schweiz 1,69 Millionen Menschen über 65 Jahre – so viele wie noch nie zuvor. Sie erfahren Anpassungen und Veränderungen ihrer Persönlichkeit. Wer dieser Entwicklung eine spirituelle Note zu geben vermag, kann sie als zweiten Frühling und Weiterentwicklung erleben. Sie ermöglicht es, leichter über die Runden zu kommen.
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