In den vergangenen Jahren ist der Konsum von 100-prozentigen Fruchtsäften sehr beliebt geworden. Er gilt für viele als Alternative zu den zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken. Neue Ergebnisse zeigen aber, dass sie vor allem Kinder dick machen.
Sara Huber
100-prozentiger Fruchtsaft gilt als flüssiges Obst, da er frei ist von Farb- und Konservierungsstoffen. Ob es sich dabei um Direktsaft oder Saft aus Konzentrat handelt, spielt dabei keine Rolle. Konzentrat ist der Entzug von Wasser; Fruchtfleisch und Aromen bleiben erhalten, nach dem Transport oder der Lagerung wird dem Konzentrat das Wasser wieder zugefügt. Direktsaft ist nicht grundsätzlich besser oder gesünder als Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat. Fruchtnektare sind derweil verdünnte Fruchtsäfte mit Zuckerzusatz, obschon der Name aus der Natur das Gegenteil erwarten lässt. Je nach Fruchtsorte müssen Nektare mindestens 25 bis 50 Prozent Fruchtsaft enthalten. Auf den Zuckerzusatz muss nicht gesondert hingewiesen werden, da Fruchtnektare per Definition Zuckerarten enthalten. Vor Limonaden stehen Tafelgetränke mit Fruchtsaft. Hier ist der Anteil an Saft so gering, dass man von einem reinen Genussgetränk spricht, eine edle Limonade also.
Die 100-prozentigen Fruchtsäfte wurden entwickelt, weil die gängigen Getränke wegen des hohen Zuckergehalts und der Konservierungsstoffe zunehmend in Kritik gerieten. Die Getränkeindustrie entwickelte «gesunde Alternativen», um Umsatzeinbussen aufzufangen.
Neue Forschungsergebnisse lassen jedoch Zweifel aufkommen, ob die 100-Prozent-Säfte so gesund sind, wie sie allgemein erscheinen. Sie bestehen ausschliesslich aus dem Pressgut der Früchte, ohne Zusatz von Konservierungsstoffen, Süssungsmitteln oder Aromen. Eine Metaanalyse wissenschaftlicher Studien zu diesem Thema hat ergeben, dass jede zusätzliche Portion 100-prozentiger Fruchtsaft pro Tag bei Kindern mit einem leichten Anstieg des BMI (Body Mass Index) verbunden war. Die angeblich gesunden Fruchtsäfte machen Kinder dick. Bei den Erwachsenen sind die Ergebnisse aber uneinheitlich. Es konnte kein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Konsum von 100-prozentigem Fruchtsaft und einer Gewichtszunahme gefunden werden. Das Problem bei diesen Fruchtsäften ist, dass sie viele Kalorien in nur weniger Quantität enthalten. Es handelt sich also um Getränke mit einer hohen Kaloriendichte.
Kinder trinken gerne einen Fruchtsaft, weil er süss schmeckt und in einer grösseren Menge den Durst stillt. Auf diese Weise werden viel mehr Kalorien aufgenommen als beim Konsum eines Apfels oder einer Orange mit einem Glas Wasser, was die gleiche angenehme und sättigende Wirkung hätte. Empfohlen wird deshalb sowohl für Kinder als auch für Erwachsene empfohlen, den Genuss von Fruchtsäften auf höchstens eine Portion pro Tag zu beschränken. Sicher ist: 100-prozentige Fruchtsäfte eignen sich nicht als Durstlöscher.
Die Zahl der Menschen mit starkem Übergewicht – Adipositas genannt – ist rasant gestiegen. Weltweit waren nach einer Studie 2022 mehr als eine Milliarde Menschen betroffen. Der Anteil der stark Übergewichtigen an der Bevölkerung habe sich seit 1990 mehr als verdoppelt, unter Heranwachsenden zwischen 5 und 19 Jahren sogar vervierfacht, berichtet die medizinische Fachzeitschrift The Lancet. Adipositas kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und einige Krebsformen auslösen. Rasant war der Anstieg in den USA: Der Anteil der Frauen mit Adipositas stieg von 21,2 Prozent im Jahr 1990 auf 43,8 Prozent im Jahr 2022, bei den Männern stieg der Anteil von 16,9 Prozent auf 41,6 Prozent.