
Der Nautilus, auch Perlboot genannt, wird als der letzte Vertreter einer ehemals sehr verbreiteten Gruppe als lebendes Fossil bezeichnet. Denn die ersten Nautilus-Arten kamen bereits vor etwa 60 Millionen Jahren vor. Er fasziniert seit Hunderten von Jahren die Menschen und taucht deshalb in der Kunst verschiedener Epochen auf.
Carl Meissen
Ihre Gehäuse schimmern wie kostbare Trophäen, spiralförmig gewunden, Perlmutt auf weissem Grund, als hätte sich die Natur im Schmuckdesign versucht. Hinter der ornamentalen Anmutung verbirgt sich ein Wesen, das sich durch Jahrmillionen kaum weiterentwickelt hat. In den dunklen Tiefen des Pazifiks und des Indischen Ozeans, wo die Temperaturen stabil unter 25 Grad Celsius bleiben, lebt der Nautilus, wie er biologisch korrekt heisst. Die Anatomie dieses Kopffüssers ist ein eindrucksvolles Gegenmodell zur Evolution in Richtung Effizienz. Wo moderne Tintenfische stromlinienförmig und blitzschnell durch das Wasser schiessen, bleibt der Nautilus gemächlich. Er pumpt Wasser in seine Kammern, regelt damit seinen Auftrieb und lässt sich dann treiben. Oder er bewegt sich mittels eines Rückstossantriebs, der wenig effizient ist. Er rotiert dabei leicht um seine eigene Symmetrieachse, was wie ein Tanz aussieht. Denn der Nautilus ist nicht darauf ausgelegt, zu fliehen. Stattdessen vertraut er auf Rückzug: Der gesamte Weichkörper kann in die Wohnkammer zurückgezogen werden, dann schliesst sich eine hornige Kappe wie ein mittelalterliches Visier. Er schützt sich durch Passivität, durch Stillstand.
Von den heutigen Tintenfischen unterscheidet sich der Nautilus nicht nur durch seine schützende Aussenhülle. Auch besitzt er nicht zwei, sondern vier Kiemenpaare, hat keine Linsenaugen, sondern lichtdurchlässige Lochkameras. Und er klebt seine Beute fest, anstatt sie mit Saugnäpfen zu fixieren.
Dass der Nautilus überlebt hat, wo andere gescheitert sind, spricht nicht für seine Anpassungsfähigkeit, sondern für die Konstanz seiner Lebensräume. Doch sie schwindet zunehmend. Durch den massiven Export von Muschelschalen wird gerade er wegen seiner Schönheit verfolgt. Was in Renaissancesalons als Prunkpokal diente und später auf Stillleben Dekorationsanleitungen vermittelte, ist heute ein sehr beliebtes Mitbringsel aus den Tropen und gilt zunehmend auch als Delikatesse. Zwei Arten werden gezielt befischt, andere landen dadurch als Beifang in den Fallen.
Doch der Nautilus ist mehr als nur ein Tier. Er ist mit seiner Muschel eine lebendige Skulptur und ein «mathematisches Phänomen». Die Form seiner Schale, eine logarithmische Spirale, ist so präzise, dass sie in Mathematikbüchern auftaucht. In Jules Vernes «20 000 Meilen unter dem Meer» wurde der Nautilus zur Ikone der menschlichen Fantasie. Und auch das erste atomgetriebene U-Boot der US-Navy trug seinen Namen. Es gibt heute nur noch fünf Arten in zwei Gattungen. Sie sind durch den Schalenhandel und den Beifang im Westlichen Pazifik und in Teilen des Indischen Ozeans bedroht.
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